Vortrag

2. Juni, 18 Uhr

Andreas Exenberger

Benennung, Besetzung, Bemächtigung

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Die Benennung von Orten ist viel wichtiger, als man auf den ersten Blick vielleicht meint. Sie hat eminente politische Bedeutung und auch historisch werden auf diese Weise Realitäten konstruiert. Wo findet z.B. ein Ereignis statt: Israel, Palästina, den «besetzten» Gebieten, dem «Nahen» Osten, Westasien? Schon die simple örtliche Zuordnung allein kann Recht (oder ins Unrecht) setzen und damit der Gewalt den Boden bereiten. Es geht daher auch um die Ausübung von Macht, nicht nur von Definitionsmacht. Benennung ist stets mit Besetzung verbunden, begrifflich wie politisch, und damit mit Herrschaft. Dieser Sachverhalt soll nicht nur theoretisch reflektiert werden, sondern auch anhand von zwei Beispielen zu ganz unterschiedlichen Aspekten von «Kolonisierung» aufgezeigt werden. Das erste Beispiel verdeutlicht das Problem. Es ist zwar historisch, aber symbolisch unverändert aktuell. In den 1920er-Jahren gründete Henry Ford, eine Schlüsselfigur des modernen Kapitalismus, eine Kautschukplantage in Amazonien, durch die in zutiefst technokratischer Logik zugleich Natur wie Menschen domestiziert werden sollten. Ford schuf mit dieser doppelten Funktionalisierung eine eigene Wirklichkeit, die freilich letztlich an der Realität zerbrochen ist und bis heute als Mahnung für kontextresistente Entwicklungsprojekte gelten kann, wenngleich eine kaum gehörte. … >>