14. März bis 18. April
Tadej Pogačar & P.A.R.A.S.I.T.E. Museum of Contemporary Art in Zusammenarbeit mit DAVIDA

CODE: RED BRASIL, Daspu/Daslu

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Wir sind böse. Und wir können noch böser sein. (Davida)
Sexarbeit ist auf allen Kontinenten für viele Bevölkerungssegmente eine wichtige Einkommensquelle – Segmente, die von der vorherrschenden Ökonomie ausgeschlossen sind. Sexarbeit ist legitime Arbeit, und die für diesen Wirtschaftszweig typischen Probleme sind nicht in der Arbeit selbst begründet. Es ist die Schutzlosigkeit, nicht die Sexarbeit, die Opfer schafft. SexarbeiterInnen müssen dieselben Rechte haben wie andere ArbeiterInnen und dieselben Menschenrechte wie andere Menschen. Zumeist sind es benachteiligte soziale Gruppen (Frauen, Kinder), die im übertragenen wie im wörtlichen Sinne am Rand oder außerhalb der Gesellschaft leben, stigmatisiert werden und ohne grundlegende Menschenrechte zur Prostitution gezwungen sind.
Wie schon in der Vergangenheit, so gibt es auch in der zeitgenössischen Gesellschaft eine klare Teilung zwischen den Gruppen, die sich innerhalb der Gesellschaft, und denen, die sich außerhalb davon befinden. Die Ausgeschlossenen sind gezwungen, sich selbst zu organisieren, um zu überleben.
Die Selbstorganisation der Ausgeschlossenen unterscheidet sich radikal von der jener, denen ihre Identität Zugang zu einer „legitimen” sozialen Struktur verschaffen kann.
Davida ist eine zivilrechtliche Organisation, die 1992 von Gabriela Silva Leite in Rio de Janeiro gegründet wurde, um sich für die bürgerlichen Rechte von Prostituierten einzusetzen. Davida setzt vor allem auf Aktionen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Dokumentation, Kommunikation und Kultur, und das auf lokaler wie nationaler Ebene. Die Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, die gesellschaftliche Anerkennung von Prostituierten zu verbessern, indem sie Prostituierte als Arbeiterinnen organisiert, ihre Rechte verteidigt und unterstützt, sie mobilisiert und die soziale Kontrolle fördert.
Die Modemarke Daspu wurde im Jahr 2005 geschaffen, um den Kampf der Prostituierten gegen Vorurteile – mittels Transparenz und Ressourcen – zu unterstützen. Der Name des Labels, Daspu, ist ein Spiel mit dem Namen „Daslu”, einer der teuersten und angesagtesten Adressen für Mode in Brasilien, einer Kombination aus Boutique und Kaufhaus in São Paulo. Die Boutique gilt als das „ModedesignerInnen-Mekka” Brasiliens und beherbergt über 60 verschiedene Label. Mit den Produktsparten Kampf, Vergnügen, Freizeit/Karneval und Aktivismus hat Daspu die Gesellschaft über das Thema einer Mode für das Leben mobilisiert. Neben Prostituierten waren junge DesignerInnen und international bekannte Models an dem Projekt beteiligt. Es stieß auf nationaler wie auf internationaler Ebene auf eine überwältigende Resonanz und sorgte damit für große Unterstützung für die Bürgerrechte der Prostituierten.
CODE:RED (seit 1999/2000) ist eine fortlaufende, disziplinübergreifende Gemeinschaftsplattform für Diskussionen und Forschungsmodelle im Bereich informelle Ökonomie, Aktivismus und Selbstorganisation urbaner Minderheiten im Kontext von Sexarbeit und Menschenhandel. Die Plattform umfasst verschiedene Formen der Zusammenarbeit mit ExpertInnen, WissenschaftlerInnen und Bürgerrechtsbewegungen, von der Forschung und Selbsthilfe bis zu öffentlichen Aktionen und Ausstellungen nach dem Prinzip von Dialog und Teamarbeit. Erste öffentliche Aktion war das Projekt „First World Congress of Sex Workers and New Parasitism” im Rahmen der 49. Biennale von Venedig 2001, das in Zusammenarbeit mit dem Komitee für die Rechte von Prostituierten aus Pordenone organisiert wurde. Im Jahr 2002 fand in New York die Konferenz „The Ultimate Sex Worker Conspiracy Soiree: Conference and Party“ statt, eine Kooperation mit einer Reihe führender AktivistInnen und Organisationen aus New York, Washington, Boston und Baltimore. In Diskussionen und Roundtables mit ExpertInnen, SoziologInnen, AktivistInnen und SexarbeiterInnen wurden Themen wie die Rechte von SexarbeiterInnen, Gender und sexuelle Identität sowie Fragen ethnischer Herkunft und sozialer Schicht in der Sexarbeit erörtert. Darüber hinaus gab es Beiträge von SchriftstellerInnen (darunter u.a. Tracy Quan und David Sterry), DichterInnen, SchauspielerInnen und AktivistInnen in Form von Performances, Kurzvorträgen und Lesungen zum Thema Sexindustrie. CODE:RED hat sich kürzlich an verschiedene Orte (Berlin, Madrid, Zagreb, Tirana, São Paulo, Skopje) begeben, um dort mit lokalen Initiativen und Unterstützungsgruppen für Sexarbeiterinnen zusammenzuarbeiten.

Tadej Pogačar, geb. 1960 in Ljubljana, ist Künstler, Autor und Kurator. Er ist Gründer und Leiter des P.A.R.A.S.I.T.E. Museum of Contemporary Art, einer virtuellen kritischen Institution, die seit 1993 existiert. Seine Projekte umfassen Forschung, Interventionen im städtischen Raum und die Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Minderheiten. Er ist ein Theoretiker des Neuen Parasitismus,
einem Modell alternativer Kultur- und Sozialarbeit. Neben zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen hat er seine Arbeit während der letzten Jahre u.a. bei den Biennalen von Istanbul, São Paulo, Venedig und Tirana präsentiert.
www.parasite-pogacar.si