4. Okt. bis 2. Dez.
Filme von

Anna Jermolaewa

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«Aleksandra Wysokinska/20 Jahre danach» Video, HD, 41 min., 2009

Anna Jermolaewa, die aus politischen Gründen aus der UdSSR fliehen musste, bekam im Mai 1989 Unterstützung von Aleksandra Wysokinska, die Jermolaewa für eine Woche Unterkunft in Krakau gewährte, die weitere Flucht nach Wien organisierte und finanzierte. In Österreich bekam Anna Jermolaewa schließlich politisches Asyl. Vor dieser Zusammenkunft kannten die beiden Frauen einander nicht und hatten auch danach keinerlei Kontakt mehr zueinander.

Das Video «Aleksandra Wysokinska/20 Jahre danach» dokumentiert das erste Treffen von Anna Jermolaewa und Aleksandra Wysokinska 20 Jahre nach der ersten Begegnung in Krakau. Hatte Jermolaewa ursprünglich geplant, ein Porträt von Aleksandra Wysokinska zu machen und ihr gebührend zu danken, erzählt das Video von Jermolaewas Flucht und der Lebensgeschichte ihrer Helferin.

 

«Research for Sleeping Positions» Video, 18 min., 2006

In der Videoarbeit «Research for Sleeping Positions» (2006) prüft Jermolaewa die verschiedenen Varianten von Schlafpositionen auf einer Bank, die, stellvertretend für immer mehr Bänke im öffentlichen Raum, in einer Art und Weise konstruiert ist, welche es unmöglich macht, darauf zu liegen, geschweige denn zu schlafen. Das Video wurde am Wiener Westbahnhof gedreht – der Ort, an dem Anna Jermolaewa 1989 als Flüchtling ihre erste Woche im Westen verbracht hat.

 

«I am not afraid of a wax dictator» Video, 2 min., 2007

In der Videoarbeit «I am not afraid of a wax dictator» nähert sich Jermolaewa einer Wachsversion Wladimir Putins. Die Kamera schwankt vor dem starren, glänzenden Gesicht der Figur von einer zur anderen Seite, während die begleitenden Glockenschläge eine eigentümliche Stimmung erzeugen. Putin ist einer lückenlosen Untersuchung ausgesetzt, wird aufsichtig, schräg und aus jeder Perspektive schonungslos nah gezeigt; seine Autorität und Obrigkeit in der unmittelbaren Gegenüberstellung gleichsam zerlegt. Die ehrfurchtsvolle Distanz zum Mächtigen ist verloren gegangen; sie hat hier keinen Platz – es herrscht keine Angst vor dem Wachsdiktator.

 

«Kiss» Video, 3 min., 2006

Das Spiel der Liebe wird in Jermolaewas Video «Kiss» (2006) anhand des Agierens zweier gleicher Mickymaus-Masken dargelegt. Die anfangs zärtlichen Küsse der Liebenden werden im ansteigenden Übermut zu Bissen, denen kleine Fetzen des Gesichts zum Opfer fallen, um am Ende dazu zu führen, dass sich die beiden ganze Stücke vom Leib reißen. Der Prozess des Liebens, sich einander Öffnens sowie die damit verbundene Abhängigkeit voneinander und die daraus resultierenden Gefahren, sich zu verletzen bzw. verletzt zu werden, werden durch die geballte Verbildlichung emotional zerlegt.

 

«Single-Party» Performance/Video, 15 min., 2003

Nach mehrmonatiger Recherche in der Singleszene Wiens veranstaltete Anna Jermolaewa im Herbst 2003 in ihrem Atelier eine Party für Singles. Die Bilanz waren einige Affären, Tête à Têtes, glückliche Beziehungen, die über Jahre andauerten, und die Dokumentation der Party.

 

«Ass Peeping» Video, 4:30 min., 2003

Anna Jermolaewas Videoarbeit «Ass Peeping» von 2003 erinnert mit Witz und Ironie an das tägliche Duell zwischen Körper und gesellschaftlicher Umgebung. Jermolaewa betätigt sich als voyeuristische Spaziergängerin und produziert eine Peepshow mit bekleideten ProtagonistInnen, PassantInnen der Wiener Mariahilfer Straße. Die gezeigten Rückansichten erscheinen vielfältig, variieren in Breite, Größe, Alter und verwandeln in ihrer ­gleitenden Art der Fortbewegung die Umgebung in eine Art Laufsteg. Jermolaewa manipuliert das Normale, hebt es aus seinem Kontext und übersetzt es ins Absurde.

 

«Trying to Survive» Video, 3 min., 2000

Durch eine undefinierte Kraft geraten 14 Stehaufmännchen in eine nicht mehr aufzuhaltende Bewegung, die mit steigender Geschwindigkeit die Männchen ins Unbekannte fallen und, untermalt von lärmenden Knallgeräuschen, verschwinden lässt. Sind Stehaufmännchen üblicherweise Kinderspielzeuge, so dienen sie hier auch als Sinnbild für die Fähigkeit der Problemverarbeitung eines Individuums. Ein Stehaufmännchen ist unerschütterlich – nichts kann es umwerfen, es steht immer wieder auf, um den stetigen Neubeginn zu vollziehen. Das Video demonstriert dieses Charakteristikum mittels Loop-Verfahren. Das intensive, schussgleiche Aufprallen der Figuren abseits des Sichtbaren wird körperlich wahrgenommen. Als verkleinerte Version den Menschen repräsentierend streift die Puppe das Physische und lässt ein Gleichnis für die Wesensart zwischenmenschlicher Beziehungen und das Handeln innerhalb dieser entstehen.

 

(Texte: Galerie Engholm)

 

Anna Jermolaewa wurde 1970 in St. Petersburg geboren und lebt in Wien.

Gruppenausstellungen (Auswahl): «Dark Waters», The Station, Belfast; «Movie Painting», NCCA, Moskau; 4. Int. Video Art Bienniale, MCA, Herzliya; 6. Gyumri Biennale; «To discover and to own», MUMOK, Wien; «Fractures of Life», ­KIASMA, Helsinki; Stedelijk Museum, Amsterdam; «dAPERTutto»/48. Biennale, Venedig.

Einzelausstellungen (Auswahl): «Kinoglaz», XL Gallery, Moskau; «Step Aside», ICA, Sofia; «Kremlin», EDS ­Gallery, Mexico City; Kunstverein Friedrichshafen; «Videorama», Kunsthalle Wien; «The Art of ­Failure» Kunsthalle Baselland; Arsenal Gallery, Bialystok; «Playing along with Anna», XL Gallery, Moskau; Magazin 4, Bregenz; Ursula-Blickle Stiftung, Kraichtal; IVA, Milwaukee.

www.jermolaewa.com