12. Okt, 16 bis 20 Uhr
Eröffnung
Filme, Kurzvorträge und Diskussion

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Andreas Fogarasi (A)
Public Brands – Deutsche Städte
2005 | DVD | 8 min

In Ergänzung zu seiner permanent installierten Arbeit im Foyer des Gebäudes Lakeside B01 zeigt der Künstler eine filmische Version seiner Analyse städtischer Imageproduktion im Zeichen des Primats der korporativen Ästhetik. Public Brands – Deutsche Städte zeigt die Logos von über 120 Städten, die über verschiedene Strategien, Stadien und Hintergründe des gegenwärtigen Stadtmarketings erzählen. Die Logos sind alphabetisch gereiht und auf schwarz/weiss (ohne Grautöne) reduziert, womit einerseits auf ihre Ikonografie fokussiert wird, andererseits ihre grafische Prägnanz abseits farblicher Gestaltung „getestet“ wird – eine wichtige Anforderung an ein „funktionierendes“ Logo, wobei sich damit aber auch die Frage nach den Mechanismen und der Sinnhaftigkeit dieses „Funktionierens“ stellt. (A.F.)

Peter Spillmann (CH)
Talking Absolute Business
1998 | Video | 20 min

Das Video Talking absolute Business ist aus Footage von verschiedenen Business- und News-Sender zusammengeschnitten. Auf mehreren Ebenen wird mit den entsprechenden Bildern und einem nie endenden Diskurs aufgezeigt, wie sich der Finanzmarkt über (mediale) Repräsentation Credibility verschafft und wie sehr auch die Idee vom rentablen Kapital eine Frage von aktuellen Trends und der momentan gültigen Doktrin ist. Anhand des Beispiels des Osteuropa Fonds der Bank Vontobel wird außerdem sichtbar, wie private und institutionelle Kapitalanlage mit der politischen Einflussnahme auf Länder und Regionen, welche als Emerging Markets gehandelt werden, zusammenhängt und inwiefern die vehemente Forderung des Finanzmarktes nach Globalisierung durch alt bekannte kolonialistische und nationalistische Motive geprägt ist. (P.S.)

Dorit Margreiter, Anette Baldauf (A)
The She Zone
2004 | Video | 15 min
Kurzvortrag

Es scheint eine allgemeine Übereinkunft zu geben, dass die gegenwärtige, vom neo-liberalen Credo bestimmte Formation der Globalisierung auf ernsthafte Weise den Nationalstaat und seine Entscheidungsmöglichkeiten untergräbt sowie die sozialen und ökonomischen Landschaften des Globus immer stärker polarisiert. Doch in diesen Darstellungen werden selten Fragen von Gender, Körper und Sexualität aufgeworfen. Auf der Suche nach einer Gender-Topografie globaler Räume bezieht sich The She Zone auf das populäre Format der kommentierten Dia-Show, um über geschlechtlich konditionierte Räume, Globalisierung und den Prozess des ‚Othering’ nachzudenken. Das Video einer solchen Dia-Show dokumentiert das Unternehmen eines Besuches in einem ausschließlich Frauen vorbehaltenen Einkaufszentrum – der sogenannten She Zone in Abu Dhabi – um schließlich feststellen zu müssen, dass die Mall wenige Tage zuvor aus Mangel an Interesse geschlossen wurde. Globale Konsumkräfte, so suggeriert die Dokumentation, sind stärker als das Bedürfnis nach der Segregation von Frauen.

Gülsün Karamustafa (TR)
Suitcase Trade
1998–2001 | Video | 7 min

Stairway
2001 | Video | 8 min

Gülsün Karamustafa beschäftigt sich seit Jahren mit verschiedenen Formen informeller Ökonomie, zumeist aus dem Blickwinkel von Istanbul und den Veränderungen, denen die Stadt seit dem Niedergang der sozialistischen Anrainerstaaten unterworfen ist. Istanbul wurde zum Zielort unterschiedlicher Migrationsbewegungen und eröffnete neue Arbeitsfelder und Handelswege.
In Stairway zeigt Karamustafa eine Gruppe von rumänischen Kindern, die als Straßenmusikanten vor einer historischen Treppe agieren. Mit wenigen formalen Mitteln, eingekleidet in die Melancholie der Roma-Musik, verweist die Künstlerin auf das behördlich regulierte, doch stets umgangene Aufenthaltsrecht dieser Mini-Gastarbeiter.

Suitcase Trade bezieht sich auf die „Kofferökonomie“ vieler Frauen aus postsowjetischen Republiken, ihren Handel mit „wertlosen“ Gegenständen, aber auch ihrem Körper, in einem ständigen Pendeln zwischen der türkischen Megacity und den Dörfern ihrer Heimat. Das Video dokumentiert einige Installationen der Künstlerin, in denen sie versucht hatte, die „Kofferökonomie“ auf die Regeln des Kunstmarktes umzulegen.

Josef Dabernig (A)
WARS
2001 | 16mm auf DVD | s/w | 10 min
Regie, Buch, Schnitt, Ton und Produktion: Josef Dabernig
Kamera: Christian Giesser
Darsteller: Josef Dabernig, Ingeburg Wurzer, Otto Zitko

Geschäftsflaute im Speisewagen eines Fernzuges: Kellnerin, Kellner und Koch harren der Dinge und vermitteln das indifferente Phlegma von Erschöpfung und Unterbeschäftigung. Sie lümmeln in der unruhigen Garnitur wie eine Schiffsbesatzung in der Sonnenglut; kommunikationsarm wie sie sind, stellen sie kaum mehr als die Erweiterung des Interieurs dar. Die Dienstkleidung des Personals und die Ausstattung des Wagens – als Symbiose von modernistischer Klarheit und leicht folkloristischen Akzenten – kontrastieren mit einem kolonialistisch anmutendem Potpourri aus Chips, Nuts, Kaugummis und Getränken in Form eines Präsentierarrangements. Jede Aktion erscheint passiv, durch das Fahrwerk, die Gleisbeschaffenheit, die Streckenführung, das Raumklima usw. konditioniert. Doch scheint eine der Personen wichtige Schreibarbeiten zu erledigen! Bilanzen, Umsätze(?) werden in einen Rechner getippt. Ansonsten nur Sitzen und Warten in Rauchschwaden, während die Landschaft fast forward hinter den Gardinen vorbeizieht. Spät, aber doch, kommt Leben in den Waggon: Keine Kundschaft – nein – aber die Putzmittel werden geholt, Kübel und Fetzen vorbereitet. Die Fahrt scheint zu Ende zu gehen, wie sonst wäre das exzessive Wischen und Polieren der Drei, zuerst stehend, dann auf den Knien und unter den Tischen zu erklären. (J.D.)

Alice Creischer, Andreas Siekmann (D)
diskutieren mit Philippe Rekacewicz (F) von Le Monde Diplomatique
über die Abbildbarkeit globaler Wirtschaft

Die KünstlerInnen Alice Creischer und Andreas Siekmann haben für Lakeside eine große Wandarbeit zum Thema Monopolartige Produktionen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen realisiert. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Beschäftigung mit Fragen der visuellen Darstellung ökonomischer Verhältnisse sprechen sie mit dem Geografen und Kartografen Philippe Rekacewicz, dessen Karten zu einem Markenzeichen der französischen Monatszeitung Le Monde Diplomatique geworden sind. Wie lassen sich die Relationen zwischen abstrakten Elementen (Linien, Farben, Symbole, Muster) und realen Gegebenheiten denken, die in die Lebenswelten von Individuen hineinwirken? Ist die Kartografie in der (scheinbaren) Objektivität der Statistik gefangen, oder kann sie als Mittel eines politischen Statements verstanden werden? Sind Karten bloß grafisch übersetzte Daten, oder sollten Probleme der Beschaffung und Selektion von Informationen, die beispielsweise etwas über Globalisierung aussagen, sowie die jeweilige Involviertheit des Zeichners als Teil des kartografischen Aktes betrachtet werden und in dessen Produkte einfließen?