Vorwort

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Mit der Vertreibung aus dem Paradies ging bekanntlich die Verurteilung zur Arbeit einher. Statt sich das zum Leben Nötige einfach aus der Fülle der Natur zu nehmen, musste fortan produziert werden. Dieses Gesetz galt lange, aber unter postindustriellen Vorzeichen scheint es wieder möglich, die Natur selbst, ähnlich wie das Geld, arbeiten zu lassen, indem man ihre Produkte und deren genetische Baupläne patentiert oder aber ihre Schönheit zum Standortfaktor macht. Das Wintersemester des Kunstraum Lakeside ist von zwei künstlerischen Projekten geprägt, die Facetten der gegenwärtigen Ökonomisierung der Natur und des Lebens nachgehen und das Phänomen der „Naturalisierung“ von Arbeit und Wirtschaft betrachten.

Den Anfang macht eine Ausstellung von Ines Doujak, die sich den neokolonialen Praktiken der „Biopiraterie“ widmet. Sie verfolgt die Wege, auf denen natürliche Ressourcen von „Biodiversitäts“-Regionen des Südens durch transnationale Konzerne angeeignet und vermarktet werden. Wenn sich hier für einige Unternehmen neue Wirtschaftsparadiese erschließen, die auf der Nutzung tradierten Wissens aus jenen Regionen basieren, dann auch durch das Zusammenspiel mit Wissensproduzenten des Westens, wie etwa botanischen Gärten, deren Programm der Erforschung und Bewahrung von Natur sich zunehmend mit der Praxis ihrer genetischen Modifikation verbindet. Ines Doujaks Installation zu einem Aspekt von Wirtschaft und Gewalt im Zeichen der Globalisierung geht der Frage nach, wie der ästhetisch-ethische Wert der „Vielfalt des Lebens“ zu einem Faktor der ökonomischen Wertschöpfung wird, deren monopolartige Resultate sich wiederum gegen diese Vielfalt wenden und dabei auch auf die lokalen Gemeinschaften einwirken, auf deren Wissen sie aufbauen.

Bis vor kurzem noch assoziierte man den Park als Modell gestalteter Natur mit Freizeit, Erholung oder Unterhaltung. Heute wird in Parks gearbeitet, geforscht und entwickelt. Welches Verständnis von Arbeit liegt etwa dem Begriff eines Science & Technology Parks zugrunde? „Der Park – Untersuchung im postproduktiven Cluster“, eine Präsentation von Peter Spillmann, Katja Reichard und Marion von Osten, die als ein Zwischenbericht zu ihrem Filmprojekt angelegt ist, basiert auf den Recherchen und Interviews, die das Team seit 2005 im Lakeside Park durchgeführt hat. Entsprechen denn – so eine der leitenden Fragen ihrer Untersuchung – die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse an solch einem Ort der durch den Begriff Park vermittelten Entgrenzung von Arbeit und Freizeit? Welche Bedeutung haben „weiche“ Faktoren wie Landschaftsarchitektur, Massagesalon oder Kunstprogramm für das Bild nach außen und für den Alltag der MitarbeiterInnen? Wie positioniert sich der künstlich und inselhaft angelegte Arbeitspark im Verhältnis zur gewachsenen Diversität der Stadt? Und hat die lokale, auf Synergie gerichtete Verdichtung von global operierender Wirtschaft, Forschung und Kultur eines solchen Parks einen gesellschaftlichen Modellcharakter wie etwa der barocke Park für den Absolutismus und der englische Landschaftsgarten für den Liberalismus? Welches Gesellschaftssystem wäre dann hier abgebildet?

Christian Kravagna, Hedwig Saxenhuber