Videoabend

21. Juni, 19 Uhr

Videoabend

Mit Kommentaren der KünstlerInnen / ProduzentInnen

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Phil Collins, how to make a refugee
Carola Dertnig, a room with a view in the financial district
Kanak TV, 40 Jahre Einwanderung / Weies Ghetto
Jun Yang, Camouflage. LOOK like them TALK like them

Phil Collins
how to make a refugee
1999 | Singlechannel colour video projection with sound |12 min

In how to make a refugee enthüllt Phil Collins das Ungleichgewicht der Macht in Blickbeziehungen. Collins filmt eine albanische Familie aus dem Kosovo, die Opfer des Jugoslawienkriegs ist und gerade für ein Lifestylemagazin fotografiert wird. Ein Junge wird ersucht, sein Hemd auszuziehen, um seine Narben von Schusswunden zur Schau zu stellen. Sein Ausdruck zeigt distanziertes Unbehagen und Verlegenheit. Die Macht liegt bei denen, die schauen, während die Betrachteten zum Objekt des Blicks werden. Als Zuschauer sind wir auf beklemmende Weise in die Verdinglichung und den Voyeurismus verwickelt. Das Video demonstriert die mediale Manipulation von Vertriebenen während der NATO-Kampagne im Kosovo. Die Agenda der Journalisten hat Vorrang gegenüber der Not der Flüchtlinge; was als komplizierte menschliche Situation beginnt, wird in ein flaches und eingefrorenes Bild verwandelt. Das führt zu einem unbehaglichen, doch bezwingenden Sehen, zu einem kraftvollen Geschichtenerzählen ohne jede Sensibilität für die Lebensrealität der Subjekte.

Phil Collins, geb. 1970 in Runcorn, England, lebt in Glasgow. Einzelausstellungen: Ausstellungshalle zeitgenössische Kunst, Münster (2007); Forum 59: Phil Collins, Carnegie Museum of Art, Pittsburgh (2007); New Work: Phil Collins, San Francisco Museum of Modern Art (2006), erreala denaren itzulera/el retorno de lo real, Sala Rekalde, Bilbao (2006); and they shoot horses, Tate Britain, London (2006-07). Beteiligungen:War and Discontent, Museum of Fine Arts, Boston (2007); a forest and a tree, Kunsthalle Exnergasse, Wien (2007); Turbulence, 3rd Auckland Triennial, Auckland Art Gallery (2007); Turner Prize 2006, Tate Britain, London (2006); British Art Show 6, National Touring Exhibition (200506); 9th International Istanbul Biennale (2005); Belonging, 7th Sharjah International Art Biennial, Sharjah Art Museum & Expo Centre (2005).

Carola Dertnig
a room with a view in the financial district
2003 | video | 5 min

Die Bilder der Arbeit entstanden im Juni 2001 und erzählen von einem mehrmonatigen Aufenthalt der Künstlerin im World Trade Center (New York). Eingeladen, während eines artist-in-residence-Programms ein unbenutztes Stockwerk gemeinsam mit anderen KünstlerInnen als Großraumatelier zu nutzen, entdeckte Carola Dertnig auf ihren Streifzügen in den Türmen eine Vielzahl leer stehender Räume. Das Video dokumentiert diesen Weg in Form eingefrorener Momente verlassener, mit Spuren eines Arbeitsalltags ausgestatteter Architekturen. Die mit der Foto-Taste der Videokamera aufgenommenen Bilder zeigen abgenutzte bis verfallene Relikte verkabelter (dot.com-)Büroumgebungen, weiträumige, leere Hallen, in denen sich Boden, Decke, Wände lösen, aber auch Überreste von Konferenzen, von Essenspausen oder ehemaliger Arbeitskleidung finden. Diese klare, mit dem Format der Dokumentarfotografie spielende Bestandsaufnahme kombiniert Dertnig mit einer Ich-Erzhlung aus dem Off, in der Beobachtungen zu ökonomischen Strukturen und individuellen Lebensbedingungen, künstlerischer Produktion und Wirtschaftskraft, zu Überwachung und mobilen, verfügbaren Leerstellen in einer kreisenden Dynamik ineinander fließen.
(Rike Frank)

Carola Dertnig, geb. in Innsbruck, lebt in Wien. Einzelausstellungen: Galerie im Taxispalais, Innsbruck (2006); Galerie Andreas Huber, Wien (2005); Secession, Wien (2004); Kunstverein Salzburg (2003); Beteiligungen: Why Pictures Now, Mumok, Wien (2006); Wild Walls New York, Artists Space, New York (2005); After the Act, Momok, Wien (2005); ongoing feminism, Galerie 5020, Salzburg (2005); World Views, New Museum of Contemporary Art, New York (2001).

Kanak TV
Philharmonie Köln  40 Jahre Einwanderung
2001 | DVD | 9 min

Köln, 6.11. 2001. An diesem Tag feierte die Stadt Köln den 40. Jahrestag der Unterzeichnung des ersten Anwerbeabkommens mit der Türkei. Entsprechend tauchte auch viel Prominenz zum Festakt in der Philharmonie auf. Sogar der Bürgermeister war da. Wir haben natürlich zu diesem Anlass nur die weißen Exoten mit der Kamera verfolgt.

Weißes Ghetto
2002 | DVD | 8 min

Köln-Lindenthal ist ein wohlhabendes und homogenes Viertel. MigrantInnen sucht man dort vergeblich. Da stellt sich die Frage, womit das wohl zusammenhängt. Schotten sich die Deutschen ab? Ist Köln-Lindenthal ein weißes Ghetto? Kanak TV ist diesen Fragen nachgegangen.

Kanak TV ist die Umkehrung des rassistischen Blicks. Aber wir wollen nicht nur den rassistischen Blick und die festgelegten Bilder im Kopf zu Tage bringen. Unser Fokus richtet sich auch darauf, wie Bilder gemacht, manipuliert und eingesetzt werden. Kanak TV entlarvt den medialen Blick als Macht, indem es sich dieses Macht-Blickes bedient. So soll das Machtverhältnis in Frage gestellt, zurckgewiesen und ihm entgegengewirkt werden.
(Kanak Attak Kln)

Jun Yang
Camouflage. LOOK like them TALK like them
2002/03 | Video | 16.47 min

Die veränderten Lebensbedingungen legaler und illegaler MigrantInnen seit 9/11 sind Ausgangspunkt der Videoarbeit Camouflage. LOOK like them TALK like them. Schlagzeilen der letzten Jahre, die zeigen, dass aufgrund lancierter Sicherheits- und berwachungsdebatten äußere Merkmale bereits verdächtig und bedrohlich machen, stellt Jun Yang Werbebilder für Markenkleidung gegenüber und entwickelt im Voice-over anhand der fiktiven Figur X die titelgebenden Taktiken des Alltags: Camouflage, sich der Mode entsprechend zu kleiden, die Sprache und Gestikulation zu beherrschen, um in der Masse nicht als anders aufzufallen, scheinen geeignete Mittel, als MigrantIn in einer rassistischen und xenophoben Gesellschaft zu überleben. X hat sich nicht daran gehalten und wurde aufgrund seines verdächtigen Aussehens und Verhaltens - er lief einem Bus hinterher - als illegal identifiziert und verhaftet. (Luisa Ziaja)

Jun Yang, geb. 1975 in Zhonghua, China, lebt in Wien. Einzelausstellungen: Galerie Ilka Bree, Bordeaux (2006); Annex 14, Bern (2005); Bro Friedrich, Berlin (2004); Galerie Martin Janda, Wien (2003); Muse dArt Contemporain, Marseille (2002); Galerie fr Zeitgenssische Kunst, Leipzig (2001). Beteiligungen: This Land is my Land , Kunsthalle Nrnberg (2006); Liverpool Biennial (2006); Biennale Venedig (2005); Projekt Migration, Klnischer Kunstverein (2005); Manifesta 4, Frankfurt (2002).